Musik- und Tanzspiele
Indem sie entscheidend zur Atmosphäre beitragen, sind Melodien und Soundeffekte unverzichtbare Elemente beinahe aller Computer- und Videospiele.
Erheblich seltener übernehmen die Töne eine relevante Rolle für das Spielprinzip selbst: Im überschaubaren Genre der Musikspiele rücken Tonfolgen und Rhythmen in den Fokus, sie fordern je nach Ausrichtung des Spiels Erinnerungsvermögen, Taktgefühl, Körperbeherrschung und/oder ein Grundmaß an Musikalität vom Benutzer.
Musikspiele bedienen sich häufig spezieller Controller, die Instrumenten wie Gitarre, Sambarasseln oder Bongos nachempfunden sind. Zudem eignen sie sich wegen ihrer Mehrspielertauglichkeit und Zugänglichkeit hervorragend als Party-Games.
Musikalisches Memory
Das erste wegweisende elektronische Musikspiel ist ein reiner Gedächtnistest: 1978 veröffentlicht Videospiel-Erfinder Ralph Baer "Senso" - ein Ufo-förmiges Plastikspielzeug mit vier verschiedenfarbigen Tasten, über die länger werdende, von einem Chip vorgegebene Tonfolgen nachgespielt werden.
Musikalisches Erinnerungsvermögen wird auch später immer wieder von Spielern gefordert, meist aber nur im Rahmen von Minispielen, etwa bei Adventures wie "Myst".
Eine frühe Ausnahme bildet "Breakdance", mit dem der US-Hersteller Epyx 1984 die damalige Jugendkultur im "Senso"-Stil ausschlachtet. Der bekannteste Musik-Gedächtnistest dürfte "Space Channel 5" sein, bei welchem auf Dreamcast und PS2 zusammen mit der niedlichen Weltraumreporterin Ulala Außerirdische bekämpft werden, indem auf dem Bildschirm Tanzschritte in korrekter Folge und im Rhythmus der poppigen Musik wiedergegeben werden.
Japanischer Einfallsreichtum
Der altgediente Videospielhersteller Konami begründet 1997 das moderne Musikspiel-Genre. Sein Arcade-Automat "Beatmania" ist in mehreren Aspekten richtungsweisend. Zum ersten bei der Ausstattung: Der Spieler nutzt einen Spezial-Controller, hier in Form eines DJ-Mischpults. Im Laufe der Jahre kommen Gitarren ("GuitarFreaks"), Drums ("DrumMania") oder Bodensensoren ("Dance Dance Revolution") hinzu. Zum zweiten ist die Spielmechanik bis heute gültig: Bunte Symbole wandern über den Bildschirm, erreichen sie eine bestimmte Linie, muss der Spieler die entsprechende Taste drücken oder eine bestimmte Aktion ausführen. Und zum dritten beim Fokus auf immer frische, möglichst den Massengeschmack treffende Musik: Über die Jahre erscheinen zahlreiche Konami-Musikspiele, die sich bis auf die Track-Liste oft nur marginal von ihren jeweiligen Vorgängern unterscheiden. Im Mutterland des Erfolgs setzen die Hersteller auf angesagten Japan-Pop, der in Euro-Ausgaben teilweise durch weniger schrille Tracks ersetzt wird.
Die Heimumsetzungen der Automaten, die vor allem für PSone und PS2 inklusive verschiedenster Spezialcontroller erscheinen, bleiben in Europa dennoch eine Randerscheinung.
Mit Mikro und Gitarre in den Massenmarkt
Im Westen gelingt erst Mitte des neuen Jahrzehnts der Durchbruch der Musikspiele: Sony startet die "SingStar"-Reihe, bei der via USB-Mikrofon auf den hauseigenen Konsolen aktuelle Chart-Hits geträllert werden.
Dabei sammelt der Spieler durch Treffen der richtigen Tonhöhe und -länge Punkte - ein Konzept, dessen sich auch konkurrierende Produkte für Xbox 360 ("Lips") oder Wii ("We Sing"-Reihe) bedienen. Die amerikanischen Musikspiel-Experten Harmonix bringen 2005 "Guitar Hero" auf den Markt und begründen eine Marke, die in wenigen Jahren rund 2 Milliarden Dollar umsetzt und zu einem der einflussreichsten Unterhaltungsprodukte des Jahrzehnts wird.
Dennoch beerdigt "Guitar Hero"-Hersteller Activision das Spiel 2010 - die hohe Konkurrenz, zuvorderst durch Harmonix' Band-Simulation "Rock Band", macht das teure und aufwändige Lizenzieren von Songs nicht mehr profitabel.
Zudem sind Handel und Kunden die vielen unterschiedlichen, oft platzraubenden Spezialcontroller leid. Ein Umstand, der geschickt von Tanz-Spielen wie der "Just Dance"-Reihe ausgenutzt wird, die mit den Bewegungscontrollern Wiimote, Kinect oder PlayStation Move funktionieren.